Ein Bericht von Dina Füllkrug, Nicole Sanio, Desiree Sauer und Nicolai Steinbach (S101/102 – 2009)

 

Am Montag (20.09.2010) starteten wir Reisenden von drei Flughäfen in Deutschland und trafen uns bei bestem Wetter in Wien. Wenngleich die charmante Donaumetropole durch eine Vielzahl einladender Kaffeehäuser verziert ist, hat das kulturelle Erbe der Habsburger so viel mehr zu bieten. Begleitet von sommerlichen Temperaturen und gestärkt nach einem kleinen Umtrunk am idyllisch gestalteten Donaukanal genossen wir eine Stadt bestehend aus einer Verbindung von Tradition, Kultur und Lebensfreude sowie Gemütlichkeit und dem sprichwörtlichen Schmäh. Verzaubert vom Glanz und Gloria des Schlosses Schönbrunn, der Hofburg, einer Schatzkammer, der Spanischen Hofreitschule oder einem fantastischen Panorama von der Spitze des Stephansdoms versüßten wir unseren Aufenthalt. Nicht zu vergessen der Besuch des Praters oder auch des Naschmarktes, der sich durch gestapelte Obst- oder Gemüsepyramiden, Wurst- oder Käsetürme als äußerst appetitanregend erwies. Die schwerpunktmäßig von jungen Leuten frequentierte Donauinsel rundete unsere Studienfahrt nicht nur kulinarisch ab.

 

Am Dienstag (21.09.2010) besuchten die Studiengruppen die Justizanstalt Wien-Simmering, die sich im Südosten  von Wien in der ehemaligen Kaiserresidenz Schloss Kaiserebersdorf  und einem Neubau befindet. In der Anstalt werden kurze bis mittellange Strafen bis zu zehn Jahren an männlichen erwachsenen Strafgefangenen vollstreckt. Die Führung durch die Justizanstalt Simmering wurde durch den stellvertretenden Justizwachkommandanten durchgeführt, dem ähnliche Aufgaben zufallen wie der Leitung des allgemeinen Vollzugsdiensts in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten. In baulicher und technischer Hinsicht unterscheidet sich der Neubau der Justizanstalt Simmering kaum von einer Anstalt des deutschen Strafvollzugs. Auf den Haftabteilungen versehen Bedienstete des Justizwachkommandos ihren Dienst, die dieselben Aufgaben wahrnehmen wie in Deutschland der allgemeine Vollzugsdienst. Im Gegensatz zu den deutschen Beamten des allgemeinen Vollzugsdiensts jedoch sind die Beamten des Justizwachkommandos umfangreicher ausgerüstet. Obwohl sich auch der österreichische Strafvollzug zum Ziel gesetzt hat, Straftäter zu resozialisieren und somit den Strafvollzug behandlungsorientiert zu gestalten, wird hierfür weniger Zeit aufgewendet, da bereits ab 17 Uhr die Zeit des Nachtverschlusses beginnt. Der Arbeit und Ausbildung der Gefangenen kommt auch in Österreich besondere Bedeutung zu. Im Bereich der ursprünglichen Kaiserresidenz Schloss Kaiserebersdorf sind 17 Arbeits- und Unternehmerbetriebe untergebracht, in denen die Gefangenen beschäftigt und auch ausgebildet werden. Es werden zahlreiche Ausbildungsberufe wie zum Beispiel Maler, Tischler, Maurer und viele andere angeboten. Neben diesen Facharbeiter-Qualifikationen werden auch Fortbildungsmöglichkeiten wie Stapler- und Erste-Hilfe-Kurse angeboten. Insgesamt können 380 Gefangene in Arbeitsbetrieben, Aus- und Fortbildungseinrichtungen beschäftigt werden, was im Hinblick auf eine Gesamtzahl an zu Verfügung stehenden Haftplätzen von 550 nicht unerheblich ist. Neben den Arbeits- und Unternehmerbetrieben befinden sich in diesem alten Gebäudeteil auch Unterbringungsmöglichkeiten für gelockerte Strafgefangene in der Form von Wohngruppen.

 

An unserem dritten Tag (22.09.2010) erlebten wir die Geschichte Wiens ein bisschen anders. Wir besuchten das Wiener Kriminalmuseum vereinigt mit dem traditionsreichen Museum der Bundespolizeidirektion Wien und ließen die Eindrücke der Vergangenheit bei einer Führung durch das Museum auf uns wirken. Das Museum ist in einem der ältesten Häuser der Leopoldstadt, dem sogenannten „Seifensiederhaus“ (erb. 1685) untergebracht. In zwanzig Räumen durchschritten wir die Geschichte des Wiener Justiz- und Polizeiwesens sowie der Wiener Kriminalität vom späten Mittelalter bis in die neue Zeit. Wir begegneten in den historischen Räumen dem mittelalterlichen Strafvollzug ebenso wie den letzten öffentlichen Hinrichtungen in Wien. Wir trafen auf die „Greislerin vom Hungelbrunn“, auf die Ermordung des Kriegsministers Latour, das Attentat gegen den jungen Kaiser Franz Joseph und die Gründung der Sicherheitswache. Die Darstellung des Anarchistenterrors und die Geschichte vom poetischen Dienstmädchenmörder Hugo Schenk berührte uns gleichermaßen wie der Giftmörder Hofrichter oder der Fall Josefine Luner aus der Zwischenkriegszeit. Das „dunkle Wien“ der letzten dreihundert Jahre wurde beim Gang durch das Kriminalmuseum wieder lebendig.

 

Am Donnerstag (23.09.2010) besuchten wir die Vereinten Nationen in Wien. Neben New York, Genf und Nairobi ist Wien einer der vier Amtssitze der Vereinten Nationen. Seit dem 23. August 1979 ist das Internationale Zentrum Wien (Vienna International Centre, VIC) Sitz verschiedener UNO-Einrichtungen. Allgemein bekannt als "UNO-City", wurde das VIC nach den Plänen des österreichischen Architekten Johann Staber auf dem Gelände des Donauparks errichtet und den Organisationen für 99 Jahre zu einer symbolischen Miete von 1 Schilling (7 Eurocents) pro Jahr übergeben. Über 4.000 Beschäftigte aus mehr als 100 Ländern arbeiten hier bei den internationalen Organisationen. Eine Vielzahl internationaler Tagungen finden jedes Jahr im VIC statt. Während unseres Besuchs fand gerade ein Treffen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) statt. Deshalb konnte der Sitzungssaal auch nicht näher besichtigt werden.

 

Am Freitag (24.09.2010) reisten wir alle mit vielen Eindrücken und schönen Erinnerungen im Gepäck früher oder auch später wieder in die Heimat zurück. Eine rundherum gelungene Studienfahrt!

Wien-II_2010_VIC