Schuldrechtliches Vorkaufsrecht, Vormerkung, mehrere Beteiligte, Gemeinschaftsverhältnis, Eintragung im Grundbuch
Bearbeiter: Prof. Dr. I. Fritsche/FHR
Erstveröffentlichung: NJ 1998, 198
BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - V ZB 11/97 (KG)

Wird zugunsten mehrerer Beteiligter ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht bestellt, auf das § 513 BGB Anwendung findet, kann bei der Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Berechtigten die Angabe des nach Ausübung des Rechts zwischen ihnen zustande kommenden Gemeinschaftsverhältnisses nicht verlangt werden. Gemäß § 47 GBO ist vielmehr in das Grundbuch einzutragen, daß § 513 BGB auf das Vorkaufsrecht Anwendung findet.

Problemstellung:
Die vorgenannte Entscheidung hat der BGH auf eine Vorlage des KG gem. § 79 II GBO getroffen. Ihr lag ein gegenseitiges gemeinschaftliches Vorkaufsrecht gem. § 513 BGB zugrunde, das zwischen den Verkäufern und den Käufern eines ideellen Anteils an einem Grundstück vereinbart wurde. Zur Sicherung des aus der Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden Auflassungsanspruches sollte eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden. Mit Zwischenverfügung beanstandete das Grundbuchamt, daß die Beteiligten das nach Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen den Vorkaufsberechtigten entstehende Gemeinschaftsverhältnis nicht angegeben hatten. Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Das KG beabsichtigte ebenfalls, die weitere Beschwerde zurückzuweisen, legte die Sache dann jedoch gem. § 79 II FGG unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung des BayObLG (BayObLGZ 1967,275 = Rpfleger 1968,52) dem BGH vor.

Der BGH hat den Beschluß des LG und die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes aufgehoben und letzteres angewiesen, von den Bedenken seiner Zwischenverfügung abzusehen.

 

Zusammenfassung der Entscheidungsgründe:
Der BGH bezieht sich in seiner Entscheidung auf § 47 GBO. Danach sollen bei der Eintragung eines Rechts gemeinschaftlich für mehrere Berechtigte entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen oder das für die Gemeinschaft maßgebliche Rechtsverhältnis angegeben werden. Hieraus hatte offensichtlich das Grundbuchamt den Schluß gezogen, daß die Beteiligten verpflichtet seien, die nach Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden Gemeinschaftsverhältnisse an dem Auflassungsanspruch zur Eintragung anzugeben.

Dem ist der BGH nicht gefolgt. In seiner Entscheidung differenziert er den Bestimmtheitsgrundsatz des § 47 GBO dahingehend, daß zwischen der Befugnis, das Vorkaufsrecht auszuüben, und dem durch die Ausübung entstehenden Anspruch zu unterscheiden sei. Das nach § 47 GBO mehreren zustehende Recht könne in Form der
Bruchteilsgemeinschaft,
Gesamthandsgemeinschaft,
Gesamtberechtigung gem. § 428 BGB
bestehen, und gelte für alle Rechte, an denen ein Gemeinschaftsverhältnis möglich sei, mithin auch für die Vormerkung.

Soweit die Beteiligten ein Vorkaufsrecht nach Maßgabe des § 513 BGB vereinbart haben, sei damit auch das Verhältnis der Vorkaufsberechtigten untereinander und zum Vorkaufsverpflichteten (Beteiligungsverhältnis am Vorkaufsrecht) bestimmt. Der § 513 BGB führe zu einer "gesamthandsartigen" Berechtigung der Beteiligten, mit der Besonderheit, daß bei Nichtausübung des Rechts durch einen der Beteiligten die Verbleibenden das Recht im ganzen ausüben können. (§ 513 S. 2 BGB).

Hiervon zu unterscheiden sei der Anspruch , der sich aus der Ausübung des Vorkaufsrechts ergibt, und der das Gemeinschaftsverhältnis nach Eintritt der dinglichen Rechtsänderung bestimmt. Fehle eine solche Vereinbarung, greife § 741 ff. BGB ein, was dann zum Erwerb von gleichen Anteilen gem. § 742 BGB führe.

Aus diesen überlegungen zieht der BGH den Schluß, daß nach § 47 GBO bei Beteiligung mehrerer an einer Vormerkung zur Sicherung des Auflassungsanspruches aus der Ausübung des schuldrechtlichen Vorkaufsrechts die Angabe genüge, daß für das Vorkaufsrecht § 513 BGB gilt. Die Angabe des nach Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden Rechtsverhältnisses sei für die Eintragung nicht erforderlich.

 

Kommentar:
Die Entscheidung klärt die Voraussetzungen, die an einen Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Auflassungsanspruches zu stellen sind, wenn das schuldrechtliche Vorkaufsrecht mehreren zustehen soll. Bereits das BayObLG hat in einer Entscheidung vom 9.Juni 1986 (NJW-RR, 1986,1209), bezogen auf ein Wiederkaufsrecht, zwischen dem übereignungsanspruch selbst, und der Rechtsmacht, durch Abgabe einer Willenserklärung, den Wieder- oder Vorkaufsfall auszulösen, unterschieden. Die Bedeutung dieser Unterscheidung mag durch die überlegung deutlich werden, daß das Rechtsverhältnis der Berechtigten in Bezug auf die Ausübung des Vorkaufsrechts mit dem Rechtsverhältnis, das nach Ausübung des Vorkaufsrechts entsteht, nicht identisch sein muß. So können sich die Berechtigten z.B. darüber einigen, daß sie das Vorkaufsrecht nur gemeinsam ausüben (Fall des § 513 BGB), oder daß ein Berechtigter mit Wirkung für alle anderen die Willenserklärung abgeben kann (Fall des § 428 BGB). Davon unabhängig können aber die Berechtigten vereinbaren, daß sie das Grundstück zu gleichen Teilen erwerben (Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB) oder daß ihnen das Eigentum zur gesamten Hand zustehen soll (z.B. bei Erwerb durch eine BGB-Gesellschaft nach §§ 718,719 BGB).

Der BGH hat mit der referierten Entscheidung die Konsequenzen dieser Trennung für das Grundbuchrecht gezogen. Danach ist für die Eintragung der Vormerkung nur die Angabe des Beteiligungsverhältnisses an der Ausübung des Vorkaufsrechts - hier nach Maßgabe des § 513 BGB - erforderlich. Das Grundbuchamt kann dagegen nicht verlangen, daß die Beteiligten auch das Gemeinschaftsverhältnis, welches nach Ausübung des Vorkaufsrechts entsteht, angeben. Andernfalls müßten sich die Vorkaufsberechtigten bereits bei der Antragstellung auf ein späteres Beteiligungsverhältnis am Grundstück festlegen, eine Konsequenz, gegen die schon aus Gründen der Vertragsfreiheit der Beteiligten Bedenken bestehen.

Literaturhinweise:
Haegele/Schöner/Stöber: Grundbuchrecht,1989, Rn.1403; Demharter:GBO,22. Aufl. § 47; Staudinger/Mader: BGB 1995, § 513 BGB; Hochmann,BWNotZ 1981,166; Leikam, BWNotZ 1986,139

(Prof. Dr. Ingo Fritsche, Fachhochschule für Rechtspflege NRW)