BGB-Klausur Stud.I 1998/99, 1. Semester: Thema???
(???, FHR-NRW)
Romeo Hechter, geb. am 1.8.1980, ist verliebt in seine Mitschülerin Julia Sander, geb. am 30.10.1981. Romeo ist begeisterter Surfer. Er träumt von einem gemeinsamen Surfurlaub mit Julia in den Sommerferien. Julia hat noch nie gesurft, aber Romeo schafft es, sie zu einem heimlichen gemeinsamen Kurzurlaub am Gardasee zu überreden. Heißen Herzens organisiert Romeo die Reise. Romeos älterer Freund und dessen Freundin fahren auch zum Gardasee. In deren Auto werden Romeo und Julia mitfahren können. Am Gardasee wird gezeltet. Julia besitzt allerdings kein Surfbrett. Romeo entdeckt im Werbeteil der Tageszeitung eine Anzeige des Sportgeschäftes Volker Völler. Gemeinsam mit Julia liest er darin folgendes Angebot: "Preisgünstige Surfbretter, Vorjahresmodelle, zum Sonderpreis von 298,00 DM." Romeo ist begeistert von diesem tollen Angebot zur richtigen Zeit. Julia bittet ihn, ein solches Surfbrett zu dem Sonderpreis für sie zu kaufen. Sie selber gehe nicht mit, weil sie zur Zeit zu viel lernen müsse und von Surfbrettern sowieso keine Ahnung habe. Wegen des günstigen Angebotes entschließt sich Romeo, auch für sich ein solches Surfbrett als "Zweitbrett" zu kaufen. Am 28. Juli 1998 begibt er sich zum Sportgeschäft Volker Völler. Im Schaufenster liegen Surfbretter mit einem Schild "Vorjahresmodelle". Sie sind jedoch mit einem Preis von jeweils 348,00 DM ausgezeichnet. Romeo geht erstaunt in das Geschäft und sagt zu Herrn Völler: "Ich möchte für mich und meine Freundin Julia Sander jeweils ein Vorjahresmodell-Surfbrett kaufen, für mich ein schwarzes und für meine Freundin ein weißes. Ich möchte sie aber zum Preis von je 298,00 DM kaufen, wie Sie es in Ihrer Zeitungsanzeige angeboten hatten." Herr Völler erwidert: "Tut mir leid, für 298,00 DM kann ich Dir die Surfbretter nicht mehr verkaufen. Wegen der großen Nachfrage mußte ich den Preis auf 348,00 DM erhöhen. Das ist immer noch günstig. Zu diesem Preis könnt Ihr ein schwarzes und ein weißes haben." Romeo erklärt Völler, er finde das ganz mies, und verläßt enttäuscht den Laden. Vergeblich versucht er, in anderen Geschäften wenigstens für Julia ein günstiges Surfbrett zu finden. Er versucht, Julia telefonisch zu erreichen, um die neue Sachlage mit ihr zu besprechen. Er erreicht Julia jedoch nicht. Kurz vor Ladenschluß setzt er sich über alle Bedenken hinweg, ruft Volker Völler an und bestellt bei ihm ein schwarzes Surfbrett für sich und ein weißes Surfbrett für Julia zum Preis von je 348,00 DM. Völler nimmt die beiden Bestellungen dankend an. Wegen des höheren Kaufpreises erreicht Romeo, daß sowohl er als auch Julia die Surfbretter erst in zwei Wochen bezahlen müssen. Völler legt daraufhin ein schwarzes Surfbrett für Romeo und ein weißes für Julia zurück. Am nächsten Tag gehen Romeo und Julia zu Völler, um ihre Surfbretter abzuholen. Völler übergibt Romeo das schwarze und Julia das weiße Surfbrett mit der Bemerkung: "Hier sind Eure Surfbretter. Ich wünsche Euch viel Spaß damit." Die beiden bedanken sich und verlassen den Laden. Über die Kaufvertragsverhandlungen und den Kaufpreis wurde von keiner Seite mehr gesprochen. Romeo und Julia kehren glücklich und zufrieden vom Gardasee zurück nach Hause. Romeo hat zwar weiterhin nur Julia, aber doch schon ein anderes neues Surfbrett im Kopf. Deshalb verkauft er am 10.8.1998 sein schwarzes Surfbrett zum Preis von 250,00 DM an seinen Freund Markus Meier, geb. am 10.5.1979. Das Geld und das Surfbrett werden sofort ausgetauscht. Die Eltern von Romeo und Julia haben von der ganzen Aktion bisher nichts mitbekommen. Dies ändert sich, als Völler nach Ablauf eines Monats die Rechnungsbeträge von jeweils 348,00 DM bei Romeo und Julia anmahnt. Sie beichten ihren Eltern die ganze Geschichte. Julias Eltern sind empört und erklären ihrer Tochter sowie Romeo gegenüber, daß sie derartige "Alleingänge" in jeder Hinsicht sowohl für sich als auch für Julia ablehnen. Romeos Eltern reagieren auf die Vorgehensweise ihres Sohnes ebenfalls kopfschüttelnd und erklären ihm, daß sie damit nicht einverstanden seien. Trotzdem geht Romeo zu Volker Völler und erklärt ihm, er brauche keine Angst um die 348,00 DM zu haben, die er von ihm fordere; er werde das Geld bekommen, möge sich nur noch etwas gedulden. Da Völler von Julia nichts mehr gehört hat, fordert er mit Schreiben vom 15.9.1998 Julia und ihre Eltern auf, sich nun endlich in der Sache zu äußern. Das Schreiben geht ihnen am 18.9.1998 zu. Bis heute hat Völler von Julia und ihren Eltern nichts gehört. Von Romeo oder seinen Eltern hat er auch noch kein Geld erhalten. Volker Völler will wissen
Aufgabe: Fertigen Sie ein materiell-rechtliches Gutachten zu den 3 Fragen des Volker Völler an. Zeit: 4 Stunden Hilfsmittel: Schönfelder, Deutsche Gesetze |
Völler kann gegen Romeo einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H. von 348.00 DM haben gem. § 433 II BGB.
Voraussetzung ist ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Völler und Romeo, § 151 S. 1 1.Hs. BGB.
Ein Angebot des Völler könnte in der Zeitungsanzeige bzgl. der Surfbretter zum Sonderpreis von 298,00 DM liegen. Es handelt sich jedoch lediglich um eine invitatio ad offerendum (keine hinreichende Bestimmtheit, fehlender Rechtsbindungswille).
Die Schaufensterauslage stellt ebenfalls nur eine invitatio ad offerendum dar.
Romeo gibt im Geschäft ein vollständiges Angebot ab, jedoch mit einem Kaufpreis von 298,00 DM.
Dieses Angebot ist Völler unter Anwesenden zugegangen.
Das Angebot ist jedoch gem. § 146, 1. Fall BGB erloschen. Völler hat es abgelehnt. Er hat erklärt: "Tut mir leid, für 298,00 DM kann ich Dir die Surfbretter nicht mehr verkaufen."
Völler macht gleichzeitig ein neues Angebot, in dem er erklärt: "Wegen der großen Nachfrage mußte ich den Preis auf 348,00 DM erhöhen. Das ist immer noch günstig. Zu diesem Preis könnt Ihr ein schwarzes und ein weißes haben."
Das Angebot ist Romeo unter Anwesenden zugegangen. § 131 II, I BGB ist nicht anzuwenden wegen der Vorschrift des § 108 BGB.
Dieses Angebot ist ebenfalls gem. § 146, 1. Fall BGB erloschen. Romeo erklärt gegenüber Völler, er finde das ganz mies, und verläßt enttäuscht den Laden. Darin liegt konkludent eine Ablehnungserklärung.
Romeo gibt ein neues Angebot ab, indem er Völler anruft und bei ihm ein schwarzes Surfbrett für sich und ein weißes Surfbrett für Julia zum Preis von je 348,00 DM bestellt.
Das Angebot ist Völler wie unter Anwesenden zugegangen, § 147 I BGB.
Völler nimmt das Angebot an, indem er die beiden Bestellungen dankend annimmt.
Es besteht Deckungsgleichheit.
Es bestand auch Annahmefähigkeit. Das Angebot ist sofort angenommen worden, §§ 146, 2. Fall, 147 I BGB.
Der Kaufvertrag zwischen Völler und Romeo kann jedoch schwebend unwirksam sein gem. § 108 I BGB.
Romeo war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 28.7.1998 beschränkt geschäftsfähig gem. §§ 106, 2 BGB.
Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters müßte erforderlich sein gem. § 107 BGB. Durch den Kaufvertrag würde für Romeo eine Verpflichtung gem. § 433 II BGB entstehen. Das Rechtsgeschäft ist daher für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Also ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich gewesen.
Romeo hat den Kaufvertrag ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossen. Seine gesetzlichen Vertreter sind seine Eltern gem. §§ 1626 I, 1629 I BGB. Also war der Kaufvertrag zunächst schwebend unwirksam.
Er könnte unwirksam geworden sein durch eine Verweigerung der Genehmigung seitens der Eltern des Romeo, § 182 I BGB.
Nachdem Romeos Eltern vom Abschluß des Kaufvertrages erfahren hatten, erklärten sie gegenüber Romeo, daß sie damit nicht einverstanden seien. Also liegt ihre Verweigerungserklärung vor.
Ein richtiger Zugang gegenüber Romeo gem. § 182 I BGB liegt vor. § 131 II, I BGB ist nicht anzuwenden, da Romeo zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig ist.
Den Eltern fehlte jedoch die Verweigerungsberechtigung. Die Verweigerungserklärung wurde abgegeben in der Zeit nach dem 10.8.1998. Gem. § 108 III BGB war die Berechtigung, über die Wirksamkeit des Vertrages zu entscheiden, jedoch auf Romeo übergegangen, denn Romeo war am 1.8.1998 volljährig geworden, §§ 106, 2 BGB. Folglich war der Kaufvertrag noch schwebend unwirksam.
Er kann wirksam geworden sein gem. §§ 184 I, 182 I BGB.
Das setzt eine Genehmigungserklärung des Romeo voraus. Romeo erklärte gegenüber Völler nach dessen Mahnschreiben, er brauche keine Angst um die 348,00 DM zu haben, die er von Romeo fordere; er werde das Geld bekommen, möge sich nur noch etwas gedulden. Darin liegt die Genehmigungserklärung des Romeo.
Völler war gem. § 182 I BGB richtiger Empfänger der Genehmigungserklärung.
Damit liegt ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Völler und Romeo vor. Völler hat gegen Romeo gem. § 433 II einen Kaufpreiszahlungsanspruch i.H.v. 348,00 DM.
Völler kann gegen Julia einen Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von 348,00 DM haben gem. § 433 II BGB.
Die Kaufvertragserklärungen sind zwischen Völler und Romeo abgegeben worden, s. o..
Die Vertragserklärungen des Romeo können gem. § 164 I, III BGB für und gegen Julia wirken.
Romeo muß als Stellvertreter aufgetreten sein und dabei eine eigene Willenserklärung abgegeben haben. Er hatte Entscheidungsfreiheit bzgl. der Art des Surfbrettes, u.a. auch bzgl. der Farbe.
Trotz seiner beschränkten Geschäftsfähigkeit konnte Romeo als Vertreter Erklärungen abgeben, § 165 BGB.
Romeo hat im Namen von Julia die Kaufvertragserklärungen abgegeben. Er hat das weiße Surfbrett für Julia bestellt.
Romeos Vertretungsmacht kann gem. § 167 I, 1. Fall BGB entstanden sein.
Das setzt eine Vollmachterklärung Julias voraus. Julia bittet Romeo, ein Surfbrett wie in der Zeitungsanzeige zu dem Sonderpreis für sie zu kaufen. Darin liegt ihre Vollmachtserklärung.
Die Erklärung ist Romeo zugegangen. Eine Unwirksamkeit der Vollmachterklärung gem. § 131 II 1, I BGB liegt nicht vor. Die Bevollmächtigung ist für Romeo ein sog. rechtlich neutrales Geschäft, so daß § 131 II 2 BGB anzuwenden ist.
Die Vollmachterteilung kann unwirksam sein gem. § 111 S. 1 BGB.
Die Bevollmächtigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft.
Julia war minderjährig, §§ 106, 2 BGB.
Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters müßte erforderlich sein, § 107 BGB. Die Vollmachterteilung zum Abschluß eines Kaufvertrages ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Sie führt evtl. zur Verpflichtung der Erfüllung eines Kaufvertrages.
Die Einwilligung von Julias gesetzlichen Vertretern, ihrer Eltern, §§ 1626 I, 1629 I BGB, fehlte. Damit war die Vollmachterteilung unwirksam.
(Wer die Vertretungsmacht bejaht, muß feststellen, daß Romeo nicht im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt hat. Die Vollmacht wurde für einen Kaufvertrag zum Kaufpreis von 298,00 DM erteilt, Romeo hat jedoch das weiße Surfbrett für 348,00 DM gekauft.)
Der Kaufvertrag über das weiße Surfbrett war damit gem. § 177 I BGB schwebend unwirksam. Der Vertrag kann gem. §§ 184 I, 182 I BGB von Anfang an wirksam sein.
Das setzt eine Genehmigungserklärung Julias voraus. Diese könnte darin gesehen werden, daß Julia am 29.7.1998 im Geschäft Völlers das Surfbrett dankend entgegennahm. Dagegen spricht, daß bei dieser Gelegenheit über die Kaufvertragsverhandlungen von keiner Seite mehr gesprochen wurde. Julia hatte auch kein Genehmigungsbewußtsein bzgl. des Kaufvertrages. Auch für Völler stellte sich das Verhalten Julias nicht als Genehmigung dar, denn für ihn bestand kein Anlaß, an der Wirksamkeit des Kaufvertrages zu zweifeln.
Im übrigen wäre eine Genehmigung Julias gem. § 111 S. 1 BGB unwirksam.
Der Vertrag kann durch Verweigerung der Genehmigung unwirksam geworden sein, § 182 I BGB.
Julia selbst hat keine Verweigerungserklärung abgegeben, jedoch ihre Eltern. Als diese vom Kauf des Surfbrettes erfahren hatten, erklärten sie ihrer Tochter sowie Romeo gegenüber, daß sie derartige "Alleingänge" in jeder Hinsicht sowohl für sich als auch für Julia ablehnten.
Die Ablehnungserklärung der Eltern kann gem. § 164 I BGB für Julia wirken.
Mit ihrer Verweigerungserklärung haben die Eltern eine eigene Willenserklärung abgegeben.
Sie haben die Erklärung auch im Namen Julias abgegeben.
Die Vertretungsmacht der Eltern ergibt sich aus §§ 1626 I, 1629 I BGB.
Sie haben auch im Rahmen ihrer Vertretungsmacht, Vermögenssorge, gehandelt.
Romeo war gem. § 182 I BGB richtiger Erklärungsempfänger.
Die Verweigerung der Genehmigung kann jedoch gem. § 177 II 1 BGB unwirksam geworden sein.
Das setzt voraus, daß Völler Julia zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert hat. Diese Aufforderung liegt im Schreiben Völlers vom 15.9.1998.
Die Aufforderung ist auch mit Zugang bei den Eltern Julias unter Berücksichtigung des § 131 II, I BGB wirksam zugegangen.
Die Verweigerungserklärung war auch gegenüber dem Vertreter, Romeo, erklärt worden.
Gem. § 177 II 2 BGB gilt die Genehmigung gegenüber Völler als verweigert nach Ablauf einer Zweiwochenfrist. Diese Frist ist hier abgelaufen. Damit liegt kein wirksamer Kaufvertrag über das weiße Surfbrett zwischen Völler und Julia vor.
Völler hat gegen Julia keinen Zahlungsanspruch gem. § 433 II BGB.
I.
Völler kann gegen Markus Meier einen Anspruch auf Herausgabe des schwarzen Surfbrettes gem. § 985 BGB haben.
Markus ist Besitzer des Surfbrettes, § 854 I BGB.
Völler müßte Eigentümer des Surfbrettes sein. Er war ursprünglicher Eigentümer. Er kann das Eigentum an Romeo gem. § 929 S. 1 BGB übertragen haben.
Am 29.7.1998 hat er Romeo im Geschäft das Surfbrett übergeben.
Gleichzeitig wurde die Einigung gem. § 929 S. 1 BGB vorgenommen. Völler erklärte: "Hier sind Eure Surfbretter. Ich wünsche Euch viel Spaß damit." Romeo bedankte sich und verließ mit dem Surfbrett den Laden.
Die Einigung könnte gem. § 108 I BGB schwebend unwirksam gewesen sein.
Beim Abschluß des Einigungsvertrages war Romeo noch beschränkt geschäftsfähig.
Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters war jedoch nicht erforderlich. Der Abschluß des Einigungsvertrages war für Romeo lediglich rechtlich vorteilhaft. Durch das Rechtsgeschäft gem. § 929 S. 1 BGB erlangte er das Eigentum an dem Surfbrett.
Also ist Völler nicht mehr Eigentümer des Surfbrettes. Er hat keinen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB.
II.
Ein Herausgabeanspruch gegen Markus könnte bestehen gem. § 812 I 1, 1. Fall BGB.
Markus hat Besitz an dem Surfbrett erlangt.
Fraglich ist, ob er auch das Eigentum erlangt hat. Er kann das Eigentum gem. § 929 S. 1 durch Übereignung von Romeo erlangt haben.
Die Übergabe erfolgte am 10.8.1998.
Gleichzeitig wurde die Einigung zwischen den beiden Volljährigen vorgenommen. Also hat Markus auch das Eigentum an dem Surfbrett erlangt.
Markus hat jedoch Besitz und Eigentum an dem Surfbrett nicht durch Leistung des Völler, sondern durch Leistung des Romeo erlangt. Also hat Völler auch gem. § 812 I 1, 1. Fall BGB keinen Herausgabeanspruch.