Am 16. Februar 2011 führte die Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel das 1. Amtsanwaltssymposium durch. 160 Gäste aus ganz Deutschland – Behördenleiter, Ministerialbeamte, Amtsanwältinnen und Amtsanwälte, Anwärterinnen und Anwärter und viele andere – waren der Einladung gefolgt und genossen einen ganzen Tag lang interessante Vorträge und Gespräche.
Generalstaatsanwalt Jürgen Kapischke aus Köln ließ seinen Blick über „Neue rechtliche Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Straßenverkehrsrechts“ schweifen und kommentierte manche obergerichtliche und höchstrichterliche Entscheidung aus jüngerer Zeit aus der Sicht des Staatsanwalts – des Richters – des Rechtsanwalts – des Behördenleiters – und stets auch aus Sicht des Bürgers.
Sodann ging Polizeipräsident Herbert Schenkelberg aus Düsseldorf der Frage nach: „Lässt sich Sicherheit messen?“. Die objektive Sicherheitslage in einer Stadt ist ein wichtiger Standortfaktor und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger wirkt sich entscheidend auf ihr Lebensgefühl aus. Eine wichtige Grundlage für entsprechende Aussagen und Vergleiche ist die sog. Kriminalitätshäufigkeitszahl, die die Anzahl der bekannt gewordenen Straftaten ins Verhältnis zu der Anzahl der Einwohner stellt. In einem engagierten Vortrag wies Herr Schenkelberg nach, wie die Kriminalitätshäufigkeitszahl zustande kommt und welcher (zweifelhafte) Wert dem ausgewiesenen Ergebnis (lediglich) beigemessen werden kann.
Sodann stellte Herr Univ.-Prof. Dr. Frank Mußhoff vom Institut für Rechtsmedizin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn aktuelle Forschungsergebnisse im Bereich „Alkohol und andere berauschende Mittel im Straßenverkehr“ dar. Alle diese Mittel beeinflussen die Fahrsicherheit von Verkehrsteilnehmern und lassen Zweifel an der Fahreignung aufkommen. Während bei Alkoholfahrten Blut- oder Atemalkoholkonzentrationen als Tatbestandsmerkmale gelten, bedarf es bei Drogen und Arzneimitteln neben eines positiven Blutbefundes der Feststellung weiterer substanzinduzierter Leistungsdefizite, um eine sog. relative Fahrunsicherheit annehmen zu können. Herr Prof. Dr. Mußhoff stellte typische Wirkungsweisen berauschender Mittel mit Einflussnahme auf die Teilnahme am Straßenverkehr dar und erörterte geeignete Untersuchungsmethoden und die Nachweisbarkeitsdauer verschiedener relevanter Substanzen.
Der Vorsitzende des Senats für Staatsschutzstrafsachen (Straftaten aus dem Bereich des Terrorismus) bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Ottmar Breidling, schließlich schilderte Ausprägungen der „Konfliktverteidigung“, etwa durch den Versuch, die Verlesung der Anklageschrift zu verzögern oder das Verfahren durch eine enorme Anzahl von gestellten Beweisanträgen zu behindern. Er stellte dar, wie sich der Vorsitzende des Strafgerichts vermittels guter Vorbereitung und straffer Verhandlungsführung – und durchaus auch mit Hilfe der Staatsanwaltschaft oder Amtsanwaltschaft – von Beginn an die „Lufthoheit“ über das Verfahren verschaffen und erhalten sollte, um unnötige Konflikte zu vermeiden.
Alle Vorträge trafen auf großes Interesse der Zuhörer. Der Tag verging wie im Fluge und wurde als so gelungen empfunden, dass vielfach die Frage gestellt wurde, ob die Fachhochschule für Rechtspflege nun regelmäßig eine solche Veranstaltung durchführen wolle. Die Fachhochschule plant, nunmehr alle zwei Jahre ein Amtsanwaltssymposium durchzuführen. Freuen Sie sich also auf Februar 2013.
Die Amtsanwaltsausbildung hat seit 40 Jahren ihr Zentrum in der Eifel: Von 1970 bis 2003 fanden die fachtheoretischen Lehrgänge in der Justizausbildungs- und Fortbildungsstätte Monschau statt; seit 2004 wird das fachwissenschaftliche Studium an der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel durchgeführt. Im Rahmen eines gemeinsamen Studiengangs werden hier die Amtsanwältinnen und Amtsanwälte für Nordrhein-Westfalen und 12 weitere Bundesländer ausgebildet.
Anlass für das 1. Amtsanwaltssymposium war der Eintritt des langjährigen Dozenten Herrn Oberamtsanwalt Heribert Blum in den Ruhestand. Herr Blum hat die Amtsanwaltsausbildung in den vergangenen 21 Jahren durch seine Lehrtätigkeit, insbesondere im Bereich des Verkehrsstrafrechts, geprägt.
Weitere Informationen zu der Amtsanwaltsausbildung an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen finden Sie hier:
http://www.fhr.nrw.de/fachbereiche/amtsanwaelte/index.php