Der jährliche Besuch im Lehrfach "Öffentliches Recht" führte auch in diesem Jahr vier Studiengruppen des Studiums II Fachbereich Rechtspflege der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen zum "EL-DE-Haus" in Köln.
Von 1935 bis 1945 Sitz der Kölner Gestapo wurde der Name "EL-DE-Haus" zum Inbegriff der NS-Schreckensherrschaft in Köln, aber auch für den Umgang und die spätere Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte der Stadt nach 1945.
Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im "EL-DE-Haus" ist heute die größte lokale Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland.
Die aktuelle Sonderausstellung (bis zum 12. März 2017)
Jugend im Gleichschritt!?
Die Hitlerjugend zwischen Anspruch und Wirklichkeit
mit 15 Medienstationen und mehr als 16 Stunden historischem Filmmaterial und Zeitzeugenerzählungen, die auch komplett über eine Web - App zur Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln
http://museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_1609_hitlerjugend/index.html
abgerufen werden können, beeindruckte die Studierenden besonders.
Die Ausstellung bricht mit dem gemeinhin vermittelten Bild von der Hitlerjugend als gleichförmig marschierendem Block. Sie zeigt den sturen Dienstalltag genauso wie die Überforderung der Jugendlichen mit einem überbordenden Bürokratismus sowie den permanenten militärischen Drill.
Wie schaffte es die Hitlerjugend, aus jungen Menschen eine - wie es ihre Propaganda suggerierte - "Jugend im Gleichschritt" zu formen? Erreichte sie dieses Ziel überhaupt? Welchen Herausforderungen und Problemen hatte sie sich zu stellen? Wo fand sie Unterstützung, und wo stellten sich ihr Widerstände entgegen? Diesen und vielen weiteren Fragen geht die Ausstellung nach.
- Erwerbslosigkeit, Verelendung und Perspektivlosigkeit waren der >>Dreiklang<< an Grunderfahrungen, mit dem die meisten großstädtischen Jugendlichen in dieser Zeit aufwuchsen und der sie tief prägte.
- Das alles geschah in einer Lebensphase, in der Heranwachsende ihren Platz in der Gesellschaft finden mussten. Sie empfanden sich als "überflüssige Generation".
- Zeitgenössische Beobachter sahen unter solchen Bedingungen eine "Menschenschicht" heranwachsen, die "jedes Glaubens und jeder Weltanschauung verlustig" gehe und daher in die Hände von Verführern geraten könne. Es war kein Zufall, dass die von der Erwerbslosigkeit am stärksten betroffenen jungen Männer zwischen 18 und 25 Jahren zur Hauptklientel von KPD und NSDAP wurden.
- Ein latenter Militarismus war allgegenwärtig: im Schüler-Lehrer-Verhältnis, in den Familien, in Grußsitten auf der Straße oder in Amtsstuben, selbst in bündisch orientierten Jugendgruppen und ganz besonders im kindlichen Spiel.Die junge Generation wuchs wie selbstverständlich in solches Denken und Handeln hinein. Das dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass derartiges Verhalten 1933 dann nicht hinterfragt, sondern als normal hingenommen wurde.
Weitere interessante und vielschichtige juristische Aspekte standen im Vordergrund der sich anschließenden Führung der Studiengruppen R 204 und R 205 durch die Dauerausstellung des NS - Dokumentationszentrum der Stadt Köln "EL- DE – Haus".
Die im Originalzustand erhaltenen engen Zellen und der Foltertiefkeller erschütterten die Studierenden auch besonders in der Reflektion von derzeitigen Diktaturen und der Gefahren aktueller politischer Entwicklungen in Deutschland und Europa.
Bezeichnend die Äußerung einer Studierenden angesichts der damals nachbarschaftlich voll einsichtigen und heute komplett ausgespiegelten Hinrichtungsstätte mit mehr als 600 Opfern in der Endphase des 2. Weltkrieges:
"Da konnten doch Alle zusehen!!"
Angesichts dieser einhaltlosen Gewalt werfen die Spiegel nicht nur die Frage nach dem damaligen Geschehen auf, sondern es spiegelt sich darin auch die Wertigkeit der grundlegenden Begriffe unseres Rechtsstaates wie Gewaltenteilung, Vorrang und Vorbehalt von Recht und Gesetz.
Die Unverzichtbarkeit einer funktionierenden Justiz auch über die eigene "Garantenstellung" als Rechtspfleger innerhalb einer "wehrhaften" Demokratie wurde damit eindrucksvoll verdeutlicht und erfasst.