Grundstücke, Bruchteilsgemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft, Anteilsbuchung 
Bearbeiter: Prof. Dr. I. Fritsche/FHR
Erstveröffentlichung: NJ 1998, 543

Landgericht Neubrandenburg, Beschluß vom 31.03.1998 - 3 T 259/97
BGB, §§ 705 ff, 741 ff.; GBO §§ 22,47

Sind mehrere Berechtigte in Form einer Anteilsbuchung im Grundbuch eingetragen, so ist das zwischen ihnen bestehende Eigentumsverhältnis im Zweifel als Bruchteilsgemeinschaft anzusehen.

In diesem Falle besteht zwischen en Berechtigten nur dann eine Gesamthandsgemeinschaft, wenn sich dafür konkrete Anhaltspunkte ergeben, die auf den Willen der Beteiligten, eine gesamthänderische Bindung einzugehen schließen lassen. Dies hat das Grundbuchamt gem. § 12 FGG von Amts wegen festzustellen.

(Leitsätze des Bearbeiters)

 

Problemstellung:
Die Beschwerdeführer waren als Inhaber eines im Bestandsverzeichnis enthaltenen Anteils eingetragen. Sie schlossen einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag, in dem sie vereinbarten, daß auf einen der Beteiligten 13/16 und auf weitere drei Beteiligte je 1/16 des Anteils übertragen werden sollten.

Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung den grundbuchlichen Vollzug dieses Vertrages abgelehnt. Als Begründung führte es aus, die Anteilsbuchung der Beteiligten binde diese im Sinne einer gesamthänderischen Gemeinschaft. Somit bestehe kein ideeller vekehrsfähiger Anteil, daher habe vor der Eintragung eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten zu erfolgen, durch welche die ideellen Anteile gebildet werden.

Da weder der Rechtspfleger noch der Richter der Erinnerung abgeholfen haben, wurde die Sache der Kammer vorgelegt. Das LG hat die Zwischenverfügung aufgehoben, und das Grundbuchamt angewiesen, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu entscheiden.

 

Zusammenfassung der Entscheidungsgründe:
Das Landgericht ist - entgegen der Vorinstanz - davon ausgegangen, daß Anteilsbuchungen nicht generell als Gesamthandseigentum behandelt werden können. Vielmehr sei das Bestehen einer Gesamthandsgemeinschaft der Ausnahmefall, dessen Voraussetzung der Prüfung von Amts wegen bedürften (§ 12 FGG). Soweit keine konkreten Anhaltspunkte für eine gesamthänderische Gemeinschaft vorliegen, sei von dem Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft als dem Regelfall auszugehen.

Ob eine Gesamthandsgemeinschaft vorliege, ergebe sich aus den im Gesetz geregelten Einzelfällen; maßgeblich sei insbesondere, ob ein Gesellschaftszweck vorliege. Hierzu seien aber Anhaltspunkte erforderlich, die deutlich machen, daß die Beteiligten sich einer weitergehenden wechselseitigen Bindung unterwerfen wollen, als im Rahmen einer Bruchteilsgemeinschaft.

Insbesondere die Tatsache, daß die Rechtsfolgen der §§ 705 ff. BGB (z.B. die Auflösung der Gemeinschaft beim Tode eines Gesellschafters nach § 727 Abs.1 BGB) nicht durchgeführt wurden, spreche gegen die Annahme einer Gesamthandsgemeinschaft. Auch die Angabe der Größe der Anteile bei einer Anteilsbuchung spreche für die Annahme einer Bruchteilsgemeinschaft, diese seien aber nicht unbedingt erforderlich (§ 742 BGB).

Letztlich hebt das LG hervor, daß auch im Interesse einer schnellen Bereinigung der Grundbuchverhältnisse in den neuen Bundesländern die Behandlung der Anteilsbuchungen wie Bruchteilseigentum angezeigt ist. In diesem Zusammenhang hätten die Grundbuchämter die Aufgabe, diese Bereinigung zu unterstützen, und den Beteiligten Wege aufzuzeigen, eine Klärung herbeizuführen. Dazu gehöre ggf. die Berichtigung des Grundbuches von Amts wegen durch die namentliche Eintragung der jetzigen Eigentümer bzw. Anteilsberechtigten, um den Inhalt des Grundbuches der bestehenden Rechtsordnung anzupassen.

 

Kommentar:
Der Entscheidung des LG Neubrandenburg ist in rechtsdogmatischer wie rechtspolitischer Hinsicht beizutreten. Soweit aus der Eintragung im Grundbuch nicht klar ersichtlich ist, ob Bruchteilseigentum oder Eigentum zur gesamten Hand vorliegt, ist vom "Normalfall" des Bruchteilseigentums auszugehen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 741 BGB, das für die Annahme einer anderen Form der Gemeinschaft qualifizierte Anforderungen stellt. Die Gesamthandsgemeinschaft ist eine Zweckgemeinschaft, bei der demzufolge auch konkrete Anhaltspunkte (etwa aus den vertraglichen Vereinbarungen oder - wie bei der Erbengemeinschaft - aus den Entstehungsgründen) für die Zweckbindung vorliegen müssen. Diese Anhaltspunkte ergeben sich nicht bereits daraus, daß eine Bezifferung der Anteile fehlt. Denn für diesen Fall tritt eben § 742 BGB ein, der im Zweifel den Teilhabern gleiche Anteile zuweist. Dieser Grundsatz gilt im übrigen für alle Formen der gemeinschaftlichen Teilhabe oder des gemeinschaftlichen Erwerbs von Rechten, wie z.B. auch die bereits besprochene Entscheidung des BGH v. 11.9.1997 (V ZB 11/97; NJ 1998, 198) zum Erwerb eines Grundstückes durch Ausübung eines gemeinschaftlichen Vorkaufsrechts zeigt.

Rechtspolitisch ist die Entscheidung zu unterstützen, weil sie sich berechtigt gegen die Konstruktion rechtlich nicht begründeter Hindernisse gegen die zügige Bereinigung der Grundbücher und die damit verbundene Klärung der Eigentumsverhältnisse richtet.

 

Literaturhinweise:
MünchKomm, BGB, 3. Aufl., § 705 Rn.12, § 741; Palandt-Thomas, BGB, 57 Aufl. , § 741, Rn.4; Schmidt: Gesellschaftsrecht, 1994, S. 1554 f.; Haegele/Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 1989, S. 111-122.