Auflassungsanspruch, Verurteilung zur Auflassung, Unmöglichkeit der Leistung, Grundbucheintragung 
Berbeiter: Prof. Dr. I.Fritsche/FHR,

Erstveröffentlichung: NJ 1999, 595BGH, Urteil vom 26.3.1999 – V ZR 368/97 (OLG Thüringen)
BGB §§ 873, 925, 275 Abs. 2, 283, 883, 888

Einer Verurteilung zur Auflassung steht der Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung nur dann nicht entgegen, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Grundbuch noch als Eigentümer eingetragen ist.

Ist das Eigentum im Grundbuch auf einen Dritten umgeschrieben, muß der Gläubiger, der vom nicht mehr berechtigten Schuldner gleichwohl Auflassung verlangt, darlegen und beweisen, daß diese Wirksamkeit erlangen wird.

Problemstellung:
Das Urteil betrifft einen Anspruchskonflikt zwischen dem nach Art. 233 § 12 Abs.2 Nr. 2 lit. B i.V.m. Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB vorrangig Anspruchsberechtigten von Bodenreformland und den aus erbrechtlicher Rechtsnachfolge zugunsten eines Dritten (Erwerbers) Verfügenden. Die (beklagten) Veräußerer sind Erben zu je 1/6 nach ihrer im Jahre 1985 verstorbenen Mutter, die wiederum Erbin ihres im Jahre 1983 verstorbenen Ehemannes war. Dieser war Eigentümer von insgesamt acht Bodenreformgrundstücken.

Die Beklagten haben diese Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 21.1.1993 an einen Dritten verkauft, die Auflassung erklärt und eine Vormerkung bewilligt. Die Vormerkung wurde am 16.4.1993 eingetragen, am 2.3.1995 erfolgte die Eigentumsumschreibung. Dieser hatte der Kläger widersprochen. Zu seinen Gunsten wurde mit der Umschreibung des Eigentums auf den Erwerber eine Auflassungsvormerkung eingetragen.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der Veräußerer zur unentgeltlichen Auflassung der Grundstücke an ihn (Art. 233, § 11 Abs. 3 EGBGB). Er war in den Vorinstanzen mit der Klage erfolgreich. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Urteil des OLG insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Auflassung der Grundstücke verurteilt wurden, und es zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Zusammenfassung der Entscheidungsgründe:
Zwischen den Parteien war nicht umstritten, daß der Kläger i.S. der Übergangsbestimmungen zur Abwicklung der Bodenreform besser berechtigt ist. Auf das Vorbringen der Revision hat der BGH aber das Urteil des Berufungsgerichtes aus folgenden Gründen aufgehoben:

Die ursprünglich zugunsten des Klägers eingetragene Vormerkung, die seine vorrangige Berechtigung schützen sollte, war gem. Art. 233 § 13 Abs. 5 S.1 EGBGB i.d.F. des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes v. 20.12.1993 bereits Anfang Juli 1995 erloschen. Hingegen wurde bereits am 16.4.1993 zugunsten des Erwerbers eine Vormerkung eingetragen, so daß die später (am 2.3.1995) zugunsten des Klägers erneut eingetragene Vormerkung zeitlich später liegt, und damit schon aus diesem Grund der Erwerb gegenüber dem Kläger wirksam war (§§ 883 Abs.2 BGB).

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes konnte auch deshalb keinen Bestand haben, weil sie die Beklagten zu einer unmöglichen Leistung verurteilt. Der BGH nimmt hierzu Bezug auf seine ständige Rechtsprechung, nach der die Verurteilung zu einer Leistung, deren Unmöglichkeit zwischen den Parteien feststeht oder festgestellt wird unzulässig ist (BGHZ 62,388,392; 97,178,181; BGH NJW 1972,152). Das gleiche gilt gem. § 275 Abs. 2 für das Unvermögen des Schuldners.

Der BGH befaßt sich sodann ausführlicher mit den Anforderungen an die Feststellung des Unvermögens des Schuldners. Dieses stehe erst dann fest, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage sei, die Verfügungsmacht über den geschuldeten Gegenstand zu erlangen, und zur Erfüllung des Anspruches auch nicht mehr auf die Sache einwirken kann. Das Unvermögen stehe hingegen (noch) nicht fest, solange die Möglichkeit besteht, daß der Dritte dem Schuldner die Verfügungsmacht wieder einräumt oder der Verfügung zustimmt (vgl. zu allem: BGH NJW 1974,2317; BGHZ 62, 388,393; BGH WM 1982, 206,208; BGH NJW 1984, 479; BGHZ 131, 176,183).

Hinsichtlich der Beweislast für den Anspruch des Gläubigers bei Zwischenverfügungen des Veräußerers führt der BGH aus, daß die Tatsache der Weiterveräußerung die Unmöglichkeit der Erfüllung indiziert, falls nicht der Schuldner selbst darlegt, daß er zur Erfüllung willens und in der Lage ist (BGH NJW 1992, 3224,3225; BGH WM 1993, 1155, 1156). Jedoch führt dies bei Geltendmachung eines Herausgabe- oder Übereignungsanspruches nicht dazu, daß sich der Schuldner unter bloßem Hinweis auf die Weiterveräußerung entlasten kann. Der Schuldner hat dann darzulegen, und notfalls zu beweisen, daß ihm die Erfüllung rechtlich oder tatsächlich nicht mehr möglich ist. Der Gläubiger kann seinerseits dem Schuldner eine Frist gem. § 283 BGB setzen, und damit auf vereinfachtem Wege zum Schadenersatz gelangen (vgl. BGHZ 56,308,312).

Dieser Grundsatz ist allerdings im Falle von Herausgabe- bzw. Auflassungsansprüchen auf Grundstücke zu modifizieren. Denn mit der Verurteilung gilt die geforderte Willenserklärung (z.B. die Auflassung, die Löschungsbewilligung) nach der Fiktion des § 894 ZPO als abgegeben. Ein Vorgehen nach § 283 BGB scheidet daher in diesen Fällen aus. Insoweit muß bereits bei der Entscheidung berücksichtigt werden, ob der Schuldner noch in der Lage ist, die Erklärung abzugeben, oder sich die Rechtsmacht hierzu zu verschaffen.

Dies kann angenommen werden, wenn er zum Zeitpunkt der letzten mündlichen mündlichen Verhandlung noch im Grundbuch eingetragen ist. Ist das Eigentum aufgrund der Zwischenverfügung aber schon umgeschrieben, muß davon ausgegangen werden, daß dem Schuldner eine wirksame Auflassung nicht mehr möglich ist, eine Verurteilung zur Abgabe der Willenserklärung ist daher unzulässig. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Aulassung dennoch – z.B. weil der nunmehr berechtigte Dritte sie genehmigt oder den Schuldner dazu ermächtigt (§ 185 BGB), oder weil der Gläubiger einen Anspruch aus § 888 BGB wegen einer zu seinen Gunsten wirkenden Vormerkung hat – wirksam erfolgen kann. Diese Ausnahme muß aber der Gläubiger darlegen und notfalls beweisen (vgl. zu allem: BGHZ 136, 283,285; BGH NJW 1998, 1482, 1483; BGH WM 1999, 448,449; BGH NJW 1998, 1482, 1483).

Da im vorliegenden Falle der Kläger dazu nichts vorgetragen hatte, wurde die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

 

Kommentar:
Die Entscheidung des BGH stellt zunächst klar, daß die aus den Abwicklungsvorschriften zur Bodenreform begründete vorrangige Berechtigung und der darauf beruhende Auflassungsanspruch durch Zwischenverfügungen vereitelt werden kann. Dies ergibt sich auch aus Art. 233 § 11 Abs. 4 EGBGB, der für den Anspruch die schuldrechtlichen Vorschriften des BGB für anwendbar erklärt.

Die Rechtslage zur Sicherung der Übereignungsansprüche des nach Art. 233 § 12, § 11 Abs. 3 EGBGB vorrangig Berechtigten ist unübersichtlich. Bis zum 31.12.1996 galt Art. 233 § 13 EGBGB in der Fassung des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes (RegVBG ) v. 20.12.1993 (BGBl.I S.2182). Danach mußte das Grundbuchamt dem Landesfiskus und der Gemeinde eine Abschrift der Verfügung des nach der Zuordnung gem. Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB festgestellten Eigentümers übersenden. Die Gemeinde konnte der Eintragung widersprechen, wenn bestimmte nach Art. 233 § 12 EGBGB vorrangig Berechtigte widersprachen. Zugleich wurde dann eine Vormerkung zugunsten des vorrangig Berechtigten eingetragen. Diese erlosch jedoch nach Ablauf von vier Monaten, wenn der vorrangig Berechtigte keine Klage auf Erfüllung seines Anspruches erhoben hatte. Dem vorrangig Berechtigten blieb daneben jedoch die Möglichkeit, seine Ansprüche z.B. im Wege eines Verfügungsverbotes zu sichern.

Die nunmehr geltende Fassung des Art. 233 § 13 EGBGB sieht lediglich noch eine Unterrichtung des Landesfiskus bei Verfügungen des Eigentümers vor. Ein spezieller Mechanismus zur Sicherung der Ansprüche vorrangig Berechtigter besteht nicht mehr. Er kann auch nicht durch das Genehmigungserfordernis nach der GVO ersetzt werden, weil die darauf beruhende Aussetzung des Verfahrens nur bei Vorliegen eines Restitutionsantrages zulässig ist; im übrigen besteht ein Genehmigungsanspruch (§ 1 Abs. 2 GVO). Hieraus ist m.E. zu schließen, daß vorrangig Berechtigte nunmehr ihre Ansprüche selbst durch Vormerkungen sichern müssen, wollen sie verhindern, daß der Anspruch durch Zwischenverfügungen des Eigentümers vereitelt wird.

 

Literaturhinweis:
Böhringer: Rpfleger 1998,1