Ist das Fahrverbot als selbständige Hauptstrafe auch für Delikte sinnvoll, die außerhalb des Straßenverkehrs begangen wurden?

Hans-Jürgen Dohmen, Dozent an der FHR NRW Bad Münstereifel

 

Bei der Suche nach weiteren Sanktionsmöglichkeiten im Strafrecht neben Freiheits- und Geldstrafe wird diskutiert, ob das Fahrverbot als selbständige Hauptstrafe einzuführen ist. Insbesondere streitig ist hierbei, ob das Fahrverbot als selbständige Hauptstrafe auch für Delikte eingeführt werden soll, die außerhalb des Straßenverkehrs begangen werden.

Der Justizminister des Freistaats Bayern Manfred Weiss befürwortet dies, während sein Amtskollege von Rheinland-Pfalz, der Justizminister Herbert Mertin, ein Fahrverbot bei Straftaten ablehnt, die nicht mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang stehen (vgl. Focus 12/2000, S. 110). Justizminister Weiss hält ein verkehrsdeliktunabhängiges Fahrverbot als Sanktion beispielsweise bei Gewalt- oder vandalistischen Straftaten junger Menschen für sinnvoll, da bei ihnen eine solche Strafe wirken könne und unter Umständen als Denkzettel sogar die Verhängung von Freiheitsstrafe entbehrlich mache. Ein Fahrverbot für alle Straftaten könne auf diese Weise in gewissem Rahmen zur Entlastung des Justizvollzugs beitragen. Justizminister Mertin weist bei seiner ablehnenden Haltung darauf hin, dass die Menschen in unterschiedlichem Maße auf ihr Auto angewiesen seien und der Strafrichter jeweils genau prüfen müsse, ob das Fahrverbot für den konkreten Täter eine spürbare Sanktion darstelle. Die Folgen der Strafe hingen davon ab, ob der Täter weit draußen auf dem Lande wohne oder direkt an seiner Arbeitsstelle oder ob er wohlhabend genug sei, sich ein Taxi zu leisten.

 

Es erscheint meines Erachtens sinnvoll, ein Fahrverbot als selbständige Hauptstrafe ausschließlich bei Delikten einzuführen, die im Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeugverkehr begangen wurden. Hierfür spricht, dass bei Personen, die aus beruflichen Gründen auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, die Einführung einer deliktsunabhängigen Sanktion als nicht verständliche und ungerechte staatliche Reaktion empfunden würde, da sie sich faktisch als ein Berufsverbot auswirken kann. Demgegenüber werden Täter, die ein Fahrzeug nur sehr selten benutzen müssen oder sich einen Fahrer leisten können, dass Fahrverbot kaum als eine Strafe ansehen. In der Praxis der Strafgerichte wird sich nur sehr schwer feststellen lassen, ob das Fahrverbot den Täter wirklich trifft. Überdies besteht die Gefahr, dass es zu einem verstärkten Fahren ohne Fahrerlaubnis kommt, weil das Fahrverbot nur sehr begrenzt zu kontrollieren ist und demnach gerade bei Jugendlichen Straftäter ein Anreiz bestehen kann, trotz Fahrverbots zu fahren. Schließlich ist zu befürchten, dass ein Fahrverbot für alle Straftaten nicht zur Entlastung der Justiz beiträgt, sondern im Gegenteil zu einer Rechtsmittelflut führt wegen der Bedeutung des Kraftfahrzeugs als "liebstes Spielzeug".

 

21. März 2000