Insolvenzverfahren - Insolvenzplan - Verbraucherinsolvenzverfahren - Restschuldbefreiungsverfahren.

Bearbeitet von Hanno Allolio, Direktor der FHR NRW a. D., Dipl.-Rechtspfleger Udo Hintzen, Professor an der FHVR Berlin, Richter am OLG Dr. Peter Metzen, Professor an der FHR NRW.

4. überarbeitete und ergänzte Auflage, 2004

Zu beziehen über die Fachhochschule für Rechtspflege NRW, Schleidtalstr. 3, 53902 Bad Münstereifel, Tel. 02253 318-0, Fax 02253 318-146 oder per E-Mail E-Mail-Adresse, öffnet Ihr Mail-Programm.

Anwendungspraxis und Lehre können auf eine über fünfjährige Erfahrung mit dem am 1. 1. 1999 in Kraft getretenen neuen Insolvenzrecht zurückblicken. Insbesondere durch die neuartigen Rechts-institute des Insolvenzplans, der Eigenverwaltung, der Verbraucherinsolvenz und der Restschuld-befreiung hat das Insolvenzverfahren einen grundlegenden Strukturwandel erfahren. Den hierdurch erheblich veränderten Rechts- und Aufgabenstellungen aller Verfahrensbeteiligten hat auch die Rechtspflegerausbildung Rechnung getragen. Das erstmals im Studienjahr 1999 auf der Grundlage einer an die veränderten und erweiterten Aufgaben der Insolvenz-Rechtspflegerinnen und -Rechts-pfleger angepassten Studienordnung im Lehrbetrieb der Fachhochschule eingesetzte Studienbuch hat sich bewährt.

Die 4. Auflage ist gegenüber den Vorauflagen erneut vertieft, erweitert und aktualisiert worden.

Inzwischen sind zahlreiche, durch das neue Insolvenzrecht aufgeworfene Fragen insbesondere im Bereich der Verbraucher- und Kleininsolvenz durch eine umfangreiche ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung sowie eine intensive Diskussion im einschlägigen Schrifttum geklärt.

Als grundlegende, seit dem Inkrafttreten des neuen Insolvenzrechts ergangene Reform-Gesetze waren einzuarbeiten:

Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz – InsOÄndG – vom 26.10.2001 (BGBl. I S. 2710); das Zivilprozessreformgesetz – ZPO-RG – vom 27.07.2001 (BGBl. I S. 1887); das Zustellungsreformgesetz – ZustRG – vom 25.06.2001 (BGBl. I S. 1206); das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz – SchuModG – vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138); die Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung – VbrInsVV – vom 17.02.2002 (BGBl. I S. 703); die InternetbekanntmachungsVO vom 12.02.2002 (BGBl. I S. 677).

Insbesondere die Umsetzung des InsOÄndG mit einer tiefgreifenden Neustrukturierung des Ver-braucherinsolvenzverfahrens und des durch das ZPO-RG umgestalteten InsO-Rechtsmittelsystems hat eine intensive Reaktion in der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur ausgelöst. Sie ist in dem an der Zielsetzung dieses Studienbuchs orientierten Umfang bis heute berücksichtigt.

An der bewährten methodischen Ausrichtung dieses zunächst für die Aus- und Fortbildung der Rechtspfleger und für das Jurastudium konzipierten Studienbuchs wird festgehalten: Der Lehrstoff wird mit besonderem Praxisbezug anhand von – erneut ergänzten - Fällen und Beispielen mit zum Teil umfangreichen Lösungsvorschlägen dargestellt. Dabei waren die langjährigen Erfahrungen der Ver-fasser bei der Umsetzung des neuen Insolvenzrechts in Lehre und richterlicher Praxis erneut hilfreich. Das Studienbuch versteht sich weiterhin zugleich als Ergänzung des einschlägigen Schrifttums und als wirksame Hilfe für die tägliche Anwendungspraxis in Insolvenz-, Zwangs-vollstreckungs- und Grundbuchsachen. Die besondere Berücksichtigung dieser Bereichs-verzahnung zwingt mit Blick auf die speziellen Aufgaben im Rechtspflegerdezernat zugleich zu einem Verzicht auf eine tiefergehende Behandlung von außerhalb dieses praxisbezogenen Anwendungsfeldes liegenden Themen – wie etwa der streitigen Forderungsfeststellung und der Insol-venzanfechtung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die in den wesentlichen Grundzügen abgehandelt werden.

Der Aufbau des Studienbuchs ist unverändert. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen weiterhin die durch die Insolvenzordnung erheblich gewachsenen Aufgaben des Insolvenzgerichts. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der fächerübergreifenden Verknüpfung des Insolvenzverfahrens mit anderen rechtspflegerischen Tätigkeitsfeldern, insbesondere im Grundbuchamt und beim Vollstreckungs-gericht.

Das Studienbuch ist in 8 Kapitel gegliedert:

Kapitel 1: Einführung in das Insolvenzrecht
Kapitel 2: Wirkung und Umfang der Insolvenzeröffnung
Kapitel 3: Verfahrensbeteiligte
Kapitel 4: Feststellungsverfahren
Kapitel 5: Verteilung und Beendigung des Verfahrens
Kapitel 6: Der Insolvenzplan
Kapitel 7: Das Restschuldbefreiungsverfahren
Kapitel 8: Das Verbraucherinsolvenzverfahren

Kapitel 1 befasst sich schwerpunktmäßig mit der Antragszulassung und dem Eröffnungsverfahren. Die Eröffnungsvoraussetzungen und die verschiedenen Entscheidungen im Eröffnungsverfahren werden fallbezogen abgehandelt. Anhand von Fallbeispielen werden auch die Sicherungsmaßnahmen während des Eröffnungsverfahrens dargestellt: Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit und ohne Zustimmungsvorbehalt, Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots und/oder eines Vollstreckungs-verbots, Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den (starken) vorläufigen Insolvenzverwalter, Auswirkungen der Sicherungsmaßnahmen auf masserelevante Verfügungen des Schuldners und auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, insbesondere auf Pfändungs- und Über-weisungsbeschlüsse sowie auf eine Zwangsvollstreckung in mit Absonderungsrechten belastete Gegenstände. Schließlich werden am Beispiel einer Grundschuldbestellung die materiell-rechtlichen und grundbuchverfahrensrechtlichen Auswirkungen des allgemeinen Verfügungsverbots behandelt. 

Kapitel 2 behandelt Zeitpunkt, Umfang und Wirkung der Beschlagnahme durch die Insolvenzeröffnung, insbesondere den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter. Wirkung und Überwindbarkeit des durch Verfahrenseröffnung begründeten absoluten Verfügungsverbots werden mit Fallbeispielen zur Bestellung einer Buch- und Briefhypothek einschließlich der Besonderheiten des Amtswiderspruchs im Grundbuchverfahren abgehandelt. Das Einzelzwangsvollstreckungsverbot im eröffneten Insolvenzverfahren wird belegt mit Fallbeispielen zur Vollziehung eines Arrests und einer Vormerkung aufgrund einstweiliger Verfügung, der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch und dem Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Einschluss der hierbei in Betracht kommenden zwangsvoll-streckungsrechtlichen, insolvenzrechtlichen und grundbuchverfahrensrechtlichen Rechtsbehelfe. Abschließend werden die besonderen Vollstreckungsverbote bei unechten Masseverbindlichkeiten und bei Arbeitseinkommen mit den Ausnahmen für privilegierte Unterhalts- oder Deliktsgläubiger behandelt und anhand eines umfangreichen Fallbeispiels zur Unterhaltsvollstreckung in Lohnansprüche des Schuldners vor, während und nach Beendigung des Insolvenzverfahrens veranschaulicht.

Kapitel 3 befasst sich zunächst mit dem Insolvenzgericht, seiner Zuständigkeit und seinen Aufgaben, insbesondere mit Zustellungen, öffentlichen Bekanntmachungen, Eintragungen und Löschungen in Registern und Grundbuch sowie mit den insolvenzrechtlichen Verfahrensgrundsätzen und Rechtsmitteln. Schließlich werden die weiteren Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Insolvenz-verwalter, die Gläubigerversammlung und der Gläubigerausschuss mit Beginn und Ende der Ämter bzw. Umfang der Rechte, Pflichten und Aufgaben vorgestellt.

Kapitel 4 behandelt die Feststellung der Forderungen mit grundlegenden Neuerungen, insbesondere hinsichtlich der Anmeldung der Insolvenzforderungen bei dem funktionell zuständigen Insolvenz-verwalter – unter Einschluss der Besonderheiten bei Anmeldung deliktischer Forderungen. In diesem Zusammenhang werden die forderungsanmeldepflichtigen Insolvenzgläubiger abgegrenzt von den anderen Beteiligten und Berechtigten, insbesondere den Aus- und Absonderungsberechtigten sowie den Massegläubigern. Besondere Bedeutung kommt den Rechtsfolgen des Prüfungsverfahrens für die Insolvenzgläubiger und den Schuldner zu, da die Eintragung in die Insolvenztabelle nach Beendigung des Verfahrens ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist bzw. sein kann. Dies erfordert eine Darstellung der Grundzüge des im Streitfall außerhalb des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Prozessgericht zu führenden Feststellungsverfahrens und dessen Auswirkungen auf die Eintragungen in der Insolvenztabelle.

Kapitel 5 behandelt das Verfahren der Verteilung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter bei Abschlags-, Schluss- und Nachtragsverteilungen, die Beendigung des Verfahrens durch Aufhebung oder Einstellung, insbesondere mangels Masse oder wegen Masseunzulänglichkeit.

Kapitel 6 behandelt das neuartige Insolvenzplanverfahren, beginnend mit einem Beispiel der Gliederung des Insolvenzplans in den darstellenden Teil, den gestaltenden Teil und die Plananlagen. Im einzelnen werden dargestellt: Aufstellung des Insolvenzplans, Prüfung im Eröffnungsverfahren oder nach Verfahrenseröffnung, Planinitiative, Bildung und Abgrenzung von Gruppen, Vorprüfungsverfahren durch das Insolvenzgericht, Annahme und Bestätigung des Plans in einem Erörterungs- und Abstimmungstermin, Feststellung des Stimmrechts und Erläuterungen zum Abstimmungsverfahren, Bedeutung und Wirkung des Obstruktionsverbots, Planzustimmung des Schuldners, Minder--heitenschutz und letztlich die Bestätigung und Bekanntgabe des mit qualifizierter Stimmenmehrheit angenommenen Plans durch das Insolvenzgericht. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zu den Wirkungen des bestätigten Insolvenzplans und seiner Überwachung, mit der Wiederauflebensklausel sowie dem Insolvenzplan als Vollstreckungstitel, der Überwachung der Planerfüllung sowie der Bekanntmachung und Aufhebung der Überwachung.

Kapitel 7 beginnt die Darstellung des neuartigen Restschuldbefreiungsverfahrens mit einem Ausgangsfall. Nach den Grundlagen und Zielen der Restschuldbefreiung und ihrem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich wird der Ablauf des Restschuldbefreiungsverfahrens mit folgenden Gliederungspunkten erläutert: Zunächst werden Form, Inhalt und Frist der Antragstellung unter Berücksichtigung der in der Verbraucherinsolvenz geltenden Besonderheiten, die Zuständigkeits-abgrenzung zwischen Richter und Rechtspfleger, die einzelnen Entscheidungsstationen mit Erteilung, (vorzeitiger) Versagung und Widerruf der Restschuldbefreiung einschließlich der insoweit gegebenen Rechtsmittel erörtert. Anschließend werden die Grundzüge des weitgehend in richterlicher Zuständigkeit liegenden Verfahrens der Versagung der Restschuldbefreiung mit den verschiedenen am Anfang, während und am Ende der Wohlverhaltenszeit relevanten Versagungsgründen dargelegt. Ein gesonderter Abschnitt beschäftigt sich mit dem Treuhänder, seiner Auswahl und Berufung, seiner Rechtsstellung und Aufgaben und seiner Vergütung. Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Absicherung der Restschuldbefreiungsoption werden in einem weiteren Abschnitt die speziellen Regelungen zum Schutz des Arbeitseinkommens als Befriedigungsmasse behandelt. Dabei geht es insbesondere um die Wirkungen der einschlägigen Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungs-verbote vor Verfahrenseröffnung, im eröffneten Hauptverfahren und während der anschließenden sechsjährigen Wohlverhaltenszeit. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zu den Wirkungen und Beschränkungen der erteilten Restschuldbefreiung unter Hervorhebung der Besonderheiten bei der Mithaft von Dritten (z.B. Bürgen) und bei privilegierten Deliktsgläubigern, sowie mit Hinweisen zum Ausgangsfall.

Kapitel 8 beginnt ebenfalls mit einem typischen Ausgangsfall, aus dem die Darstellung des Verbraucherinsolvenzverfahrens entwickelt wird. Nach einer Einführung in Ziele und Konzeption des mehrstufigen Verfahrens wird wiederum zunächst der persönliche und sachliche Anwendungsbereich abgegrenzt. Ein Schwerpunkt liegt in der Auswertung der zu dieser Abgrenzungsproblematik ergangenen umfangreichen InsO-Rechtsprechung und der hieraus entwickelten Reformgesetzgebung. Die Darstellung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens gliedert sich in: Antragstellung, Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Richter und Rechtspfleger, Ablauf des – nunmehr optionalen -Verfahrens über den gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan unter Einschluss des außergerichtlichen Einigungsversuchs sowie Zustandekommen und Wirkungen des rechtskräftig bestätigten Plans (einschließlich der sog. „Nullpläne“). Auch hier wird der Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Schrifttum aufgeworfenen Fragen nach Zweck, Struktur und Effizienz dieses Verfahrens mit den Reformauswirkungen des InsO-ÄndG vom 26.10.2001 besonderes Gewicht beigemessen. Der nächste Abschnitt behandelt das vereinfachte Hauptverfahren der Verbraucher- und Kleininsolvenz mit den Besonderheiten gegenüber dem Regel-Unternehmensinsolvenzverfahren, insbesondere hinsichtlich der Rechtsstellung und Aufgaben des Treuhänders, den Verfahrensvereinfachungen sowie den Besonderheiten bei der Masse-Verwertung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Darstellung des Kernproblems der Verbraucherinsolvenz: Der Finanzierung des für eine Restschuldbefreiungsoption zwingend erforderlichen Verfahrenszugangs für mittellose Personen. Die überwiegend zu dieser Zentralfrage nach einer Insolvenzkostenhilfe (Prozesskostenhilfe) ergangene umfangreiche InsO-Rechtsprechung mit ihren Auswirkungen auf die Lösungsalternative des InsO-Reformgesetzes (Stundungsmodell) wird dargestellt und ausgewertet. Auch dieses Kapitel und das Studienbuch schließen mit Lösungshinweisen zum Ausgangsfall.

Wie schon die 2. und 3. Vorauflage enthält das Studienbuch ein detailliertes Inhaltsverzeichnis und ein überarbeitetes Sachregister.